Who cares? It’s a WOMANsworld

Frauen kümmern sich: Als Dreikäsehoch um ihre Puppen, dann die Kaninchen, als Teenager werden sie Babysitter. Als junge Frau versorgen sie ihre männlichen Wegbegleiter, natürlich die Kinder und wenn es an der Zeit ist, werden von ihnen die Eltern gepflegt, auch seine selbst verständlich.

Diese Auffassung teilen noch erschreckend viele Menschen, und nicht nur die alten Generationen. Auch mit Abitur, Examen oder Masterabschluss ist man – und leider auch all zu oft frau – vor dieser von dieser Gender binären Weltsicht nicht gefeit. Wenn deren Vertreter zumindest erkennen würden, dass es EINE Ansicht ist und nicht eine unumstößliche Weltordnung.Ganze Studienrichtungen setzten sich mit Pflege auseinander und erforschen Care-Berufe. Doch all die Forschung und die gesellschaftlichen Neuerungen wie Elternzeit für Väter  und co, scheinen kaum zu fruchten. Der Geist ist träge…

Diese Überlegungen greife ich nicht aus der Luft. Die Begegnungen der letzten beiden Jahre, die ich als Mutter eines Kindes mit Pflegestufe drei und 100% Schwerbehinderung, zu Hause und leider auch immer wieder in Arztpraxen und Krankenhäusern verbringen „darf“, haben mich wirklich äußerst überrascht. Unfassbar wie die Ansicht, dass Mütter die Hauptverantwortung für die Erziehung und Pflege der Kinder zu tragen haben, sich noch immer in den Köpfen vieler Menschen fest krallt. Darüber stolpern nicht nur wir Frauen und Mütter in unserem Privat- und Arbeitsleben, sondern gerade auch in Familien mit behinderten Kindern –  die Väter. Außerdem, erscheint es mir, trägt die weibliche Welt der Erzieherinnen, Lehrerinnen, Pflegerinnen, Therapeutinnen und Ärztinnen einen nicht zu vernachlässigenden Anteil dazu bei, dass diese Strukturen regelrecht zementiert werden. 

Zusammen mit meinem Mann, der sich nicht „aktiv einbringt“ oder „babysittet“ – sondern als Vater engagiert ist und ernst genommen werden möchte, habe ich die perfidesten Situationen erlebt: Zum Beispiel eine Ärztin im SPZ, die ihn ignoriert und mir bsw. Fragen zur Ernährung unseres Sohn stellen obwohl ER ihn in diesem Moment auf dem Arm hält und füttert. Der Vater ist unsichtbar. Auch Aussagen, wie „So ist es halt, die Frauen kümmern sich um die Kinder“ und „Männer wollen doch gar nicht“, sind schlicht und ergreifend  zu pauschalisierend und damit falsch.  Oft verfallen Familien mit behinderten Kindern in die klassische Rollenaufteilung, die für manche durch aus passt und ich auch nicht schlecht machen möchte – jedem das seine!  Doch da viele Ehen mit behinderten Kindern zerbrechen – vielleicht sollte überlegt werden warum? Wer die Ursache in der Belastung durch die Behinderung sucht greift zu kurz. Natürlich gibt es auch hier in der Anderswelt „Mutterübertiere“, die alles alleine stemmen wollen (oder müssen) und sich nur noch ums Kind und /oder die Krankheit bzw. Behinderung drehen. Aber ist das Etikett „besondere Mutter“ eine Auszeichnung, tut es gut sich ganz damit identifizieren ? (Wobei das bestimmt auch Reslilenz fördern und eine gute Bewältigungsstrategie darstellen kann…das ist wohl aber alles ein anderes Thema) Andere haben keine Wahl, wenn sie von vornherein allein erziehend sind, ihre Partner nicht mit ziehen oder sogar gehen. Eine furchtbare Vorstellung für mich. Wobei ich manchmal auch am liebsten davon laufen möchte vor all den Aufgaben, Verpflichtungen, der erdrückenden Verantwortung.

Wir versuchen bisher so gut es geht ein Team zu sein, auch wenn das gar nicht einfach ist in diesen ausgetrampelten Pfanden. Gerade in diesem dauerhaften Ausnahmezustand möchten wir uns doch ein bisschen Familiennormalität bewahren und einfach gemeinsam die Eltern sein. Und was sehen wir? In der Klinik das Schild „Mutter-Kind-Station“ (vereinzelt mit Eltern-Kind-Aufklebern halbherzig aktualisiert), Regelungen, die es nicht erlauben, dass zwei Elternteile beim Kind übernachten. Gerade bei der Pflege von chronisch kranken und behinderten Kindern, die dauerhaft Unterstützung benötigen ist es doch um so wichtiger, dass beide im Boot sind!

Aber meisten ärgert mich, dass sogar Beratungsstellen und ähnliche pädagogische oder therapeutische Anlaufstellen auch 2016 nicht in der Lage sind sich an Mütter UND Väter zu richten. Gesprächskreis am Vormittag, Spieltreffen für Mütter und Kind nur morgens, sowie diverse Therapieangebote – fantastisch. Wie soll Frau so arbeiten? (Im höchsten Fall der Gefühle, gibt es einen zusätzlichen Papi-Abend. Wobei diese Daddy-Extras auch bei anderen Familien/Elternkursen, wie PeKiP und co eher Alibi-Veranstaltungen  als sinnvolle, durch ihren Inhalt berechtigte ergänzende Angebot für die Väter darstellen, was durch das extra Programm und die Einmaligkeit offensichtlich wird.)

Noch ein paar Termine mehr auf meinen Mutterschultern und der Vater ist immer mehr außen vor. Die pflegende Mutter bündelt alles, gibt Informationen weiter, koordiniert und geht über ihre Grenzen. Arbeiten wir immer schwerer, der Vater wird ebenfalls reduziert auf seine Ernährerrolle und soll tapferer Unterstützer sein. Eine Überforderung für beide, alles in allem ein Kreislauf, der so gar nicht entstehen müsste.

Ich versuche auf diese Schieflage aufmerksam zu machen und hoffe einige Unterstützer und Unterstützerinnen zu finden. Da reden alle von Inklusion und wir haben noch nicht mal Gleichberechtigung!