„…dass ihm auch nicht eines fehlet.“ Die oft (noch) nicht bekannte Chance von pränatalen Operationen. Der dritte Teil der Miniserie über das Weitertragen.

Ich möchte euch im dritten Teil der Miniserie über das Weitertragen eine so dramatische wie außergerwöhnliche Geschichte erzählen – oder besser gesagt, die Eltern selbst zu Wort kommen lassen in diesem Gastbeitrag.

Wir kennen uns von Facebook aus der Nierenkinder-Gruppe. Während unser Räubersohn erst durch die Geburtskomplikationen mehrfach behindert und chronisch Nierenkrank wurde, erfuhren die Eltern dieses kleinem Jungen bereits in zweiten Schwangerschaftstrimester von seiner schweren Nierenfehlbildung und dem dadurch ausgelösten Fruchtwassermangel.

Den werdenden Eltern wurde keinerlei Hoffnung gemacht, dass ihr Baby leben könnte. Doch sie gaben nicht auf, wollten ihr Wunschkind mit aller Konsequenz austragen (- wie die beiden anderen bereits vorgestelltenen Familien). Und: Sie fanden einen mutigen Arzt, der sie unterstütze und mit mehreren pränatalen Eingriffen das Leben ihrers ungeborenen Sohnes rettete. Hier berichet das Elternpaar über ihre Erlebnisse, „düstere  Zeit“ und wie sie heute durch ihren Verein „Bundesverband zur Begleitung von Familien vorgeburtlich erkrankter Kinder“ (bfvek)Familien in ähnlichen Situationen helfen möchten:


Am 02.01.2017, in der 19. SSW hatten wir einen Routine-Ultraschall bei unserer Frauenärztin in Würzburg. Der erste, an dem ich als Vater teilnehmen konnte. Wir waren sehr gespannt und hofften das Geschlecht des Kinders zu erfahren. Die Ärztin schallte meine Freundin und sagte dann, dass etwas wenig Fruchtwasser vorhanden sei und ihr Chef noch einmal schallen sollte. Wir wurden nervös und erhielten letztendlich die Diagnose „Fruchtwassermangel“. Aufgrund defekter bzw. kaum im Ultraschall darstellbarer Nieren produzierte unser Kind kein Urin, wodurch kein Fruchtwasser mehr entstand. Das Schlucken des Fruchtwassers ist aber wichtig für die Lungenentwicklung des Kindes.

Wir wurden an die lokale Universitätsklinik weiterüberwiesen. Diese hatte aber erst in zwei Tagen einen Termin für uns. Wir googelten sehr viel, fanden uns aber nicht wirklich mit unserer Diagnose wieder. Das was wir lasen, führte immer zum Tod des Kindes spätestens bei Geburt. Die Ultraschallspezialistin der Klinik war noch im Weihnachtsurlaub, so dass ein Oberarzt die Diagnose bestätigte. Weitere fünf Tage später voller schlafloser Nächte, wurde uns letztendlich von der Ultraschallspezialistin in einem persönlichen und professionellen Gespräch die Optionen „Abtreibung“ und „Stille Geburt“ dargelegt. Wir rechneten schon aufgrund unserer eigenen Recherchen damit, aber es war trotzdem unglaublich hart, es wieder zu hören.
Ein unbeschreiblich großer Schock, da unser Kleines auch noch das langersehnte Ergebnis einer langwierigen Kinderwunschbehandlung war. Wir klärten noch kurz für uns wichtige Punkte mit den Ärzten ab: ist das Leben der Mutter gefährdet – nein. Geht es dem Kind im Mutterleib soweit gut – ja, da die Mutter die Aufgaben der Nieren des Kindes übernimmt. Bis wann sollten wir uns entscheiden – okay.
Betroffen verließen wir gemeinsam das Gebäude der Uniklinik, die Hand auf dem kleinen Schwangerschaftsbauch und nah bei unserem Kind. Wir setzten uns in unser Auto und brachen wieder in Tränen aus, wie schon so viele Male die Tage davor. Ein Lebewesen, dass unschuldiger nicht sein könnte, sollte keine Chance auf ein Leben haben. Ist das gerecht? Warum wir? Warum es? Viele Fragen. Ohne Antworten.
Wir sprachen kurz über die Situation und waren uns sehr schnell einig: wir möchten kein Leben unseres Wunschkindes beenden, wenn es dem Kind gut geht und die Mutter ungefährdet ist. Damit würden wir viel schwerer klarkommen, als mit einer stillen Geburt. Das Kind soll selbst entscheiden wann es gehen will oder nach der Geburt in unseren Armen „einschlafen“ und sich für einen kurzen Moment von seinen Eltern geliebt fühlen.

Wir begannen ein Erlebnistagebuch zu führen, Babybauchabdrücke zu machen und möglichst viel Zeit bewusst und „zusammen“ mit unserem ungeborenen Baby zu verbringen. Wir machten Ausflüge, die man sonst mit Kindern unternimmt: Ponyreiten, ins Playmobilland, ins Kino etc. Wir besuchten die Sternenkindergruppe der Malteser Würzburg (https://www.facebook.com/maltesersternenkinder/) und informierten uns über die Möglichkeiten einer Beerdigung. Meine Freundin begann im Weitertragen-Forum aktiv zu werden. Um auch unsere Familien einzubeziehen organisierten wir einen Familienultraschall bei unserem Frauenarzt, bei dem alle zuschauen konnten. Als hätte unser Kleines es gewusst, sah es auch kurz so aus, als würde es uns im Ultraschall zuwinken. Bei jedem Ultraschall ließen wir Fotos ausdrucken und klebten diese in unser Erlebnistagebuch, dass heute zusammen mit verschiedenen Geschenken und selbstgebastelten Erinnerungen in einer großen Schatztruhe lagert. Sehr bedrückend war es, wenn meine Freundin auf ihren sichtbaren kleinen Schwangerschaftsbauch angesprochen wurde. Oft wurden wir auch mit Unverständnis konfrontiert: „Wie, ihr müsst das Kind jetzt austragen?“. So hart die Worte im ersten Moment waren, so wissen wir doch, dass das weder böse gemeint war oder „auf die Schnelle“ eine adäquate Reaktion einfach ist, noch dass jeder wie wir entscheiden würde. Insofern waren wir hier nie nachtragend – außer gegenüber dem ärztlichen Personal, von dem Professionalität erwartet werden kann. Wir wollten auch das Kind nicht durch ein „neues ersetzen“ oder „tauschen“.

Und so verging die Zeit.

Hier könnte die Geschichte nun vorhersehbar und traurig enden. Das tut sie aber nicht. Denn zwei Wochen nach der Erstdiagnose fanden wir über Bekannte mit Professor Kohl vom DZFT (www.dzft.de) doch noch einen Arzt, der versuchen wollte uns zu helfen. Er garantierte nichts, wir tauschten die 0%-Überlebenschance unseres Kleinen gegen einen Funken Hoffnung ein. Egal wie gering die Chance ist, wer nicht kämpft, hat schon verloren. Das Ergebnis der 6 operativ durchgeführten Fruchtwasserauffüllungen, vieler Schlafloser Nächte, Sorgen, Ängste vorm Blasensprung, einer Frühgeburt und viel viel Daumen drücken heißt Paul, ist heute 8 Monate alt und ein zufriedenes Baby, das auf eine Nierentransplantation hinarbeitet. Bei der ersten Fruchtwasserauffüllung spürte meine Freundin die Bewegungen des Kleinen zum ersten Mal strampeln, er hatte Platz zum Planschen und wir hatten das positive Gefühl, seine (pränatale) Lebensqualität gesteigert zu haben.

Wenn wir heute zurückblicken auf diese Zeit, ist alles sehr weit weg, aber doch irgendwie nahe, da viele der Termine und Ereignisse nun genau ein Jahr vergangen sind. Gerade jetzt als ich diesen Bericht schreibe, waren wir damals so verzweifelt, wie noch nie in unserem Leben. Wir hatten das Glück dieselbe Meinung zu haben, dass wir das Baby weiter austragen und eine positive Zeit als kleine Familie verbringen wollen. Noch viel mehr Glück hatten wir, das unsere Geschichte ein happy end hat.
Heute wissen wir, dass man bei vielen pränatalen Diagnosen etwas Positives bewirken kann. Auch nicht jede Diagnose erweist sich letztendlich als richtig. Und man sollte nicht direkt der ersten Arztmeinung folgen. Es sollte jedes Paar selbst entscheiden, was für sie und das Kind gangbar ist im Kontext der Krankheit des Kindes, der medizinischen Möglichkeiten und der eigenen Ressourcen. Denn auch eine vorgeburtliche Behandlung bedeutet leider nicht ein happy end. Wichtig ist aber immer – und das blieb uns verwehrt – eine unvoreingenommene und umfassende Aufklärung durch die Ärzte. Uns wurde letztendlich von der Behandlung, die unser Kind rettete, abgeraten. Im Nachhinein wurde uns bewusst, dass die Ärzte keinerlei Vorstellungen hatten, wie die Methode funktioniert oder anzuwenden ist. Das müssen sie im Detail auch nicht, dafür gibt es Spezialzentren der höchsten Stufe. Die notwendige Überweisung dorthin fand allerdings nicht statt.

Um Situationen wie du unsrige zukünftig zu vermeiden und betroffenen Eltern zu helfen, haben wir daher einen gemeinnützigen Verein gegründet: den Bundesverband zur Begleitung von Familien vorgeburtlich erkrankter Kinder e.V. (www.bfvek.de / https://www.facebook.com/BFVEK-eV-348044295614894/ )


Danke, dass wir hier unsere Geschichte erzählen und für unsere Sache werben dürften. 

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Wer in Kontakt zu der jungen Familie treten möchte, kann dies über den Verein tun. Außerdem leite ich Nachrichten an sie gerne weiter.

Wochenbett der Extreme – Teil II: Traurige Premiere und Ursachensuche, viel zu viele Baustellen

Unsere Freunde und Verwandten meinen das nächtliche Geschrei es komme da her, dass der kleine Alleinherrscher nun entthront wurde durch die Prinzessin. Aber Pustekuchen, schon im Frühjahr als sie noch ewig im Bauch war, hatte ich schon Korrespondenz mit der SPZ Ärztin, da die Nächte so unruhig und laut waren. Wir hatten Melatonin erfolglos getestet und Schlaf-gut-Entspannungsbäder – aber nichts half. Jetzt hat es sich aber noch etwas gesteigert. . Nichts, aber auch gar nichts brachte ihn aus diesem Erregungszustand heraus. Nicht einmal lauwarm abduschen, er war völlig durch den Wind. Nach ein paar Tagen wurde es leider auch nicht besser, sondern richtig dramatisch. Außer sich steif wie Brett zu machen hielt der Räubersohn jetzt in diesen Schreiattacken über 10 Sekunden die Luft an bis die Lippen blau wurden. Wir bekamen es richtig mit der Angst zu tun. Ich war noch geschlaucht von der Geburt und den schlaflosen Nächten im Krankenhaus, denn das andere Neugeborene in unserem Stationszimmer heulte auch mehr als die halbe Nacht. Schließlich trafen wir gemeinsam die Entscheidung das Notfallmedikament zum ersten Mal in drei Jahren einzusetzen.

Es war wirklich zum Verzweifeln, war uns denn nicht mal ein bisschen Glück und Normalität vergönnt? Ich weinte nur noch und der Mapa erledigte diese traurige Premiere heldenhaft. So abgeschossen, schlief der Räubersohn endlich und war auch am nächsten Tag noch ziemlich neben der Spur. Wir sind auch immer noch nicht schlauer was den Spatz solche Schreianfälle entlockt, hat er Kopfweh von der Hitze, sind es die zunehmenden Spastiken, doch die Nieren, das anstrengende Galileo-Training, eine neue Epilepsieform, eventuell verschobene Wirbel vom Überstrecken, seine allgemeine Entwicklung – er ist ja endlich wieder etwas gewachsen und hat auch schön zugelegt – oder, oder?

Wie Detektive suchen wir weiter, waren inzwischen beim Röntgen und ihn im wahrsten Sinne des Wortes auf „Herz- und Nieren“ prüfen in Tübingen. Das Hardcore-Medikament (Diazepam) haben wir nun auch als Tropfen, aber bisher nur noch einmal in niedrigerer Dosis gebraucht. Ich überleg inzwischen auch ob es „cerebrales Schreien“ sein kann, darauf stieß ich durch das Buch über Lotte, die ebensfalls ICP hat („Lauthals leben“ von Julia Latscha – hier ein ein FAZ-Bericht über sie)

Just in diesen ersten, extrem anstrengenden Wochenbett-Tagen daheim hatte sich auch noch Mediproof (der MDK für privat versicherte) angemeldet, ich hatte dicke Augenringe und der kleine Große war auch ziemlich schlapp nach diesen Horrornächten. Während mein Mann noch auf die Baustelle musste, da der Umzug nun auch näher rückt, löcherte mich die Gutachterin über zwei Stunden, teste den Räubersohn und verbesserte die unzähligen Fehler ihres Vorgängers. Die Ironie des Schicksals spielte dieses Mal zu unseren Gunsten, denn nun erreichten wir den höheren Pflegegrad 5 (nach der neuen Regelung  2017 der besonderen Bedarfskonstellation, der eben auch für unter 5-Jährige möglich ist!! –siehe Richtlinien (Download pdf-Dokument) ). Ein Gewinn auf dem felsigen Stolperweg, aber unendliche Galaxien entfernt von einem ruhigen, königlichen Wochenbett, das ich mir so gewünscht hatte.

Zumal unsere Baustelle auch noch nach uns rief, die Handwerker, die Bank, alle wollten etwas von uns. Und so verbrachte der Mapa viele Tage der Elternzeit mit Baby Baustelle und die Großeltern sprangen wiedermal ein. Denn ich darf den schweren Kerl, der immerhin fast neun Kilo inzwischen wiegt, nicht herumtragen wegen des Kaiserschnitts. Langsam müssen wir auch aussortieren und Kisten packen. Vieles ist noch spannend und wird jetzt hoffentlich auf den letzten Drücker fertig. Denn nächste Woche ziehen wir bereits in das neue barrierefreie Haus um. Ein neues Kapitel steht an: Back to the roots für meinen Mann. Zurück aufs Dorf. Ich bin echt gespannt wie das alles wird, neue Nachbarn, neue Möbel und Umgebung – wird der Räubersohn das verputzen? Aber endlich Freiheit, keine Schwellen und Stufen mehr und Platz für uns vier und alle Therapiegeräte und Hilfsmittel, es kann ja nur besser werden oder?

Ein Wochenbett der Extreme I – Zwischen unfassbarem Glück und Hilflosigkeit

Als ich am Ende der zweiten Schwangerschaft den Geburtsvorbereitungskurs mit meinem Mann besuchte, zeigte uns die Hebamme eine schöne Karikatur: Die Königin im Wochenbett. Darauf ist eine frisch gebackene Mutter zu sehen, die im Bett sitzend von weichen Kissen gestützt, selig ihr Neugeborenes im Arm hält und stillt. Der Vater reicht ihr Kuchen und ein wenig Besuch spickt ins Schlafgemach. Zu schön, um wahr zu sein? Sicher bei Mehrgebärenden ist diese Idylle sehr unrealistisch, wenn noch ein zwei Kinder umher springen und nach der „MAAAMAAAAA!!“ schreien, wird diese wohl kaum königliche Ruhe mit dem Jüngsten erfahren. Aber beim ersten Kind, da ist es doch noch drin – so dachte ich, bevor bei uns das Schicksal zugeschlagen hat. Wer sieht sich mit seinem kleinen Spatz schon wochenlang auf der Intensivstation? Nun jetzt, drei Jahre später, nachdem wir dieses Horrorszenario durchlebt haben und inzwischen viele Familien mit ähnlichen Erlebnissen kennen, erscheint es leider nicht so unwahrscheinlich, dass etwas schief geht. Obwohl ich versuchte optimistisch zu sein, beschlich mich immer wieder etwas Angst. Kommt unser Mäuschen zu früh, hat es nicht doch etwas was man auf dem Ultraschall nicht sah? Ich war nicht wirklich entspannt bis zur Geburt. Umso erleichterter atmete ich auf, als die ersten Tage nach dem Kaiserschnitt problemlos verliefen. Ich war nur etwas nervös, weil sie so wahnsinnig lange schlief, was für ein frisch geschlüpftes Menschenkind aber ganz normal ist, wie mir die Hebamme versicherte, zumal bei diesen enorm heißen Junitagen. Als wir nach fünf Tagen endlich heim durften war ich sehr glücklich und dankbar. Endlich würden wir vier vereint sein und ein Baby erleben, das wächst und gedeiht, viele Dinge kann und unglaublich schnell noch mehr lernen wird.

Mein Mann aber schien nicht so fröhlich, er war ziemlich angespannt. Ich erwartete mit der riesen, schmerzenden Kaiserschnittnarbe etwas verwöhnt zu werden. Er war aber total kaputt und entnervt. Denn unser Erstgeborener hatte ihn in den letzten Nächten, als er mit ihm allein war, kein Auge zu machen lassen. Dass der Räubersohn eine Nachteule ist und spät müde wird, das ist nun mal so. Aber seit dem Frühjahr hat er immer wieder laut im Schlaf aufgeheult und sich nur schwer beruhigen lassen. Zuerst dachten wir es seien wieder die durchbrechenden Zähne – aber doch nicht über Monate! Zumal er nicht immer sabberte. Wir wissen immer noch nicht was eigentlich los ist. Auf jeden Fall wurde es schlimmer. Ich habe ja schon darüber gewitzelt, dass uns der König wohl auf die schlaflosen Nächte mit Baby vorbereitet. Nur hörte es nicht auf als die kleine Miss und ich zu Hause waren. Der nun große Bruder zeigte zunächst keine Eifersucht, tagsüber war sogar richtig gut gelaunt. Er lächelte wenn sein Schwesterchen Geräusche machte und legte seine Hand auf ihre, wenn wir sie ihm zum Kuscheln auf den Bauch legten.

Doch gleich die erste Nacht schrie er, als ginge es um sein Leben, machte sich steif und war kaum zu beruhigen. Und das nicht als kurzer gewaltiger Aufschrei, sondern über zweieinhalb Stunden! Das geht an die Substanz vor allem wenn das längere Zeit so geht. Denn während wir Damen noch stationär waren, pendelte der arme Mapa zwischen der Wohnung, den Großeltern, die den kleinen König tagsüber auch versorgten und dem Krankenhaus. Jetzt versuchten wir zu zweit den Schreihals zu beruhigen, ich sang seine Lieblingslieder, wir probierten alles von Gute-Abend-Tee, Popo klöpfeln, Wiegen, Zahngel bis Schmerzmittel. Daneben bemühte ich in einen Stillrhythmus zu finden und mich an die Pflege eines Neugeborenen zu gewöhnen – beides absoultes Neuland für mich (Dazu gibt es auch einen tollen, gleichnamigen Comic auf eltern.de). Denn in der Neo-Intensiv war der Große rund um die Uhr von Krankenschwestern betreut, trinken konnte er in den ersten Wochen mit der Beatmung und der kritischen Gesamtsituation noch nicht, das Saugen hat er bis heute nicht gelernt. Seine kleine Schwester macht es mir Gott sei Dank aber nicht schwer, sie trinkt mit Begeisterung und wir hatten recht schnell den Dreh raus. Außerdem strampelt und lacht sie so wundervoll, greift Mapa in den Bart: Wir sind so unendlich froh die kleine zauberhafte, kleine Piratenprinzessin im Arm halten zu können.  Dieses selige Glückgefühl der ersten Kuschelzeit im Wochenbett hielt leider immer nur bis abends. Zwischen sieben und halb neun fängt es dann wieder an, das Ohren betäubende Gezeter des kleinen Monarchen. Es ist zum Verrückt werden! Manchmal schreit die Kleine auch noch mit, aber oft verschläft sie den Lärm aber einfach.

Bauchgefühl – guter Hoffnung

Ich habe es ja im Dezember schon angedeutet, dass 2017 für uns ein ereignisreiches Jahr werden wird. Und wer genau auf das Bild vom Adventsbrunch gespickt hat, sah kleine Weihnachtsplätzchen in Fläschchenform. Denn….wir sind ab Sommer zu viert 🙂

Das offiziell zu verraten habe ich mich aber lange nicht getraut. Auch bei der Arbeit zögerte ich es so lange hinaus, bis man eine kleine Wölbung erahnen konnte. Durch unsere belastende Schwangerschaftsvorgeschichte (eine Fehlgeburt und eine katastrophale Geburt…) plus meiner hormonellen Autoimmunerkrankung, ist es nicht gerade einfach unbeschwert an das Thema Familienplanung heranzugehen. Auch die vorsichtigen – manchmal auch nicht gestellten – Fragen nach einem zweiten Kind, die aber doch bei Familientreffen oder anderen Zusammenkünften mit Bekannten bedeutungsschwer in der Luft hängen , machen es nicht leichter.

>Trauen sie sich nochmal?<< sagen dann ihre Blicke, nur wenige sprechen es aus.

Nun ja, ich habe mir immer schon zwei Kinder gewünscht. Und jetzt wo wir so viele  schöne erste Momente wie: „Mama“ sagen zu hören, die ersten Schritte und ähnliches, mit unserem inzwischen fast zweieinhalb Jahre alten Liebling leider (noch) nicht erleben durften – ist die Sehnsucht nicht gerade geringer geworden.

Gut, mit dem Timing ist es immer so eine Sache. Eigentlich wollte ich jedes Kind für sich genießen, anstatt synchron zu wickeln und zu füttern. Am Besten so vier Jahre Abstand zwischen beiden, dann geht das erste in den Kindergarten, bleibt auch mal bei Oma allein und ich rotiere nicht völlig zwischen zwei kleinen Zwergen, die mich beide noch voll und ganz brauchen. So der Plan. Nur, da in der Anderswelt einmal geschmiedete Pläne, und generell fast alle Gesetzmäßigkeiten, ausgehebelt scheinen, ist das nun nicht mehr relevant. Klar, wir bauen zur Zeit und ich bin frisch im Job zurück, ein bisschen später wäre nicht schlecht gewesen… oder doch? Wer weiß? Der Mampa (Räubersohnvater) geht zielsicher auf die vierzig zu und ich bin auch schon eine Weile ein thirtysomething. Das erstgeborene Goldstück hat momentan noch immer eine stabile Phase, die leider nach wie vor jederzeit kippen kann, wenn die Nieren kapitulieren. (Auch im neuen Haus haben wir so geplant, dass das ganze PD-Zubehör gut verstaut werden kann und das Badezimmer zum Entleeren des Filtrats gleich nebenan beim Kinderzimmer ist.) Zwar sind bisher seine Blutwerte so weit in Ordnung, dass es jetzt EIN JAHR – ja wir haben PD-freies Jubiläum, ohne Bauchfelldialyse geht, aber das Kreatin ist natürlich Lichtjahre entfernt von dem eines Gesunden und auch der Bluthochdruck ist konstant hoch. Deshalb leben wir zwar nicht in Alarmstufe rot aber doch in gelb – all zeitbereit.  Wenn wir inzwischen auch entspannter damit umgehen.

Und in dieser Situation noch ein Neugeborenes? Das mag nicht jeder verstehen, aber schließlich ist es unsere Entscheidung als Familie. Und ein fertiges  1,5 jähriges Kind, das schon läuft, schön isst etc. gibt es nun mal nicht zu bestellen. Wir sind auch unglaublich glücklich, dass es so schnell geklappt hat mit unserem Nachwuchs. Außerdem wird es sich leider wohl auf absehbare Zeit nicht ändern. Denn unser Räubersohn hat nicht umsonst einen hohen Pflegegrad bekommen. Wir werden ihn wegen der ICP wohl so lange er bei uns lebt Essen geben, waschen und anziehen müssen. Auch die unzähligen Therapie- und Arzttermine werden uns dauerhaft erhalten bleiben. Da würde es auch nichts helfen den Kinderwunsch noch fünf Jahre auf Eis zu legen. Nur dass wir Eltern dann älter wären, was nicht gerade hilfreich ist bei durchwachten Nächten.

„Es wird am Anfang halt sein wir mit Zwillingen.“ Das erzählte mir eine befreundete Mutter, deren erster Tiger-Sohn ebenfalls pflegebedürftig ist und im Sommer zum zweiten mal Mama wurde.

Naja, das ist nicht sehr tröstlich, aber andere Zwillingseltern überleben ja auch irgendwie diese Zeit, bei uns wird sie nur länger andauern. Das jüngere Geschwisterchen wird dann recht bald das eigentlich Ältere Überholen, seltsamer Gedanke aber in unserem Paralleluniversium ist das nun mal normal. Und wie gesagt,  momentan sind wir ein äußerst seltener Gast in Kliniken, von diesem Standpunkt aus ist es  sozusagen perfekt! Der kleine, bald große Bruder geht in den sonderpädagogischen Kindergarten, wir haben unsere treuen Unterstützer – die Pflegerinnen und Großeltern sowie die Paten – immer an unserer Seite und das zweite Kinderzimmer im barrierefreien Haus steht bereits, wenn auch zur Zeit noch der Fußboden fehlt.

Natürlich haben wir mehr Bedenken, als vor der ersten und zweiten Schwangerschaft. Wäre auch seltsam, wenn nicht. Meine Traumatherapeutin steht mir in dieser Phase Gott seid Dank sehr gut bei. Um pränatale Diagnostik machen wir trotzdem bzw. weiterhin so gut es geht einen Bogen. (Wir wissen ja dass wir nichts Genetisches vorliegen haben, seit der Untersuchung im Sommer). Der geplante Kaiserschnitt nimmt der Niederkunft etwas den Schrecken, der mir nach über zwei Jahren noch immer im Nacken sitzt.

Aber überhaupt –  es könnte jetzt doch auch einfach mal alles gut gehen oder? Wir haben doch schon genug abbekommen, das reicht doch wirklich als Päckchen. Und unsere innere Pipi Langstrumpf ruft:

„Sei wild und frech und wunderbar“ und ganz laut: JETZT ERST RECHT!

Unser Räubersohn braucht eine Schwester oder einen Bruder zum Vorauskrabbeln, Brabbeln lernen, auch wenn wir mal nicht mehr sind, wird er dann hoffentlich nicht alleine sein. Wir wollen dem kleinen zukünftigen Erdenbürger auch nicht zu viel aufbürden, kein „Schattenkind“ erziehen. Einen Begriff den ich überhaupt nicht mag, weil er alles in so ein negatives Licht stellt, dabei kann es doch ein Hoffnungschimmer sein, dieses Geschwisterkind es muss nicht im Dunkeln leben.

Wer sagt dass es vor allem anstrengend wird? Von einem Leben mit einem Bruder mit Behinderung kann man viel lernen – auch über andere Menschen. Und vielleicht sind wir in manchen Dingen auch etwas entspannter, weil wir schon so viel erlebt haben in den letzten Jahren? Bei frühkindlichem Leistungsdruck machen wir nicht mit und bei überzogenen Entwicklungsansprüchen lächeln wir meist nur müde – bisher zumindest. Wie alles wird, wenn Nummero duo gelandet ist, wer weiß?

Wir wissen nur WIR alle brauchen dich kleines Menschchen, weil wir dich jetzt schon lieben und genau du uns gerade noch gefehlt hast – um uns als Familie komplett zu machen. – Und ja ich habe Angst, Angst vor der restlichen Schwangerschaft, der (kaiserlichen) Geburt, der Zeit mit zwei extrem auf mich angewiesenen kleinen Schreihälsen. Der Zukunft allgemein.

Aber wir freuen uns so sehr auf das kleine Wesen, dass es das einfach Wert ist.

Übrigens: Bald werde ich eine Mama für die Anderswelt interviewen, die zusammen mit ihrem Mann auch das Wagnis zweites Kind eingegangen ist, und von deren Erfahrungen wir sicher profitieren können.

 

Mit weißen Riesen klar kommen. Appell an alle Ärzte, die mit Eltern behinderter Kinder zu tun haben.

Kleine Handreichung für Ärztinnen und Ärzte, die Familien mit schwer kranken oder behinderten Kindern behandeln.

Vorneweg – ich bin der Ansicht, dass Ärzte/innen, Therapeuten/innen UND Eltern ein Team sein sollten. Sie müssen nicht immer der gleichen Meinung sein, auch wenn für beide das Wohl des kleinen Patienten an vorderster Stelle steht. Gegenseitigen Respekt halte ich in dieser professionellen Beziehung für das Wichtigste.

Die Erfahrungen, die wir in den letzten Jahren in zahlreichen Krankenhäusern und Arztpraxen machen durften, sind sehr unterschiedlich. Wir wurden aufgefangen und vor den Kopf gestoßen, ernst genommen und „zusammen gefaltet“. Ich bedanke mich bei allen Doktoren/innen und Therapeuten/innem, die uns in schweren Zeiten ihre Hand reichten, um das Leben etwas zu erleichtern. Alle die im Gespräch und der Wortwahl rücksichtsvoll waren.  Leider haben wir immer wieder auch andere, unschöne Begegnungen mit Fachpersonal, das unsensibel agiert uns z.B. mit Horrorszenarien erschreckt, uns regelrecht bevormunden möchte und sich nicht in uns hineinversetzen kann oder will.

TIPPS für den Umgang mit Eltern von chronisch kranken/behinderten Kindern:

  • Bitte denken Sie daran, nicht wir sind die Patienten, sondern unser Kind.Wir möchten deshalb nicht mit behandelt werden, sondern auf Augenhöhe in Entscheidungsprozesse miteinbezogen werden. Ein Kind hat meist Mutter UND Vater – bitte sprechen Sie nicht nur zu einem von uns.
  • Wir sind auch keine Krankenpfleger/innen, bitte verstehen Sie wenn wir beim Blutabnehmen oder anderen kleinen Eingriffen nicht assistieren möchten. Unser Kind soll uns ausschließlich als Eltern sehen, wir sind keine Kotherapeuten auch wenn wir viele Übungen mit unseren Lieblingen machen müssen und uns medizinisches Wissen angeeignet haben.
  • Lernen Sie unser Kind und uns bitte zuerst kennen. Fällen sie auch – wenn Sie schon Jahrzehnte Erfahrung haben – nicht nach ein oder zwei kurzen Begegnungen ein Urteil oder eine feste Zukunftsprognose. Bitte seien auch Sie offen für Alternativvorschläge oder ungewöhnliche Entwicklungen.
  • Bitte versuchen Sie sich immer wieder in unsere Lage zu versetzen. Vermeiden Sie alles was ihnen selbst als Vater& Mutter unangenehm wäre. Das heißt nicht, dass sie schwierige Themen ausklammern sollen – nur möglichst transparent darstellen.
  • Ein Kind ist ein Kind, kein Fall oder defektes Objekt, das gerichtet werden muss. Fragen Sie bei heiklen Themen, ob es gewünscht ist, das ohne die Anwesenheit des kleinen Patienten zu besprechen. Eine Auflistung von Defiziten, hilft niemanden, es tut nur furchtbar weh.
  • Nehmen Sie uns bitte nicht den letzten Funken Hoffnung, auch wenn Sie viele negative Fälle erlebt haben. Es gibt nicht immer nur ein Für sondern auch ein Wider. Jede noch so wahrscheinliche (schlechte) Prognose MUSS NICHT so eintreffen.
  • Wir wissen, dass ihr Beruf kein leichter ist und niemand wird ihre Kompetenz in Frage stellen, nur weil Sie zugeben auch einmal unsicher zu sein. Bitte sprechen Sie sich mit ihren Kollegen/innen ab, gegensätzliche Meinungen irritieren unnötig – oder legen Sie uns die beide Standpunkte nahe, damit wir besser verstehen und entscheiden können. Es zeugt zudem von menschlicher Größe, wenn man auch als Profi offen darüber spricht unsicher zu sein oder zu zugeben, dass man sich geirrt hat. (Wir sind nicht versessen auf einen Rechtsstreit, wir haben genug andere Probleme im Alltag)
  • Akzeptieren Sie bitte, wenn wir einen anderen Standpunkt als Sie vertreten. Wir mögen manchmal verunsichert sein, kennen letztlich unser Kind doch am Besten. Fangen Sie nicht immer wieder mit einen Thema an, das wir mehrfach eindeutig verneint haben. Das kostet uns unnötige Kraft und Nerven.
  • Unser Bauchgefühl und Intuition wollen wir nicht übergehen. Wir müssen ein Leben lang mit den Entscheidungen leben, die wir für unser Kind fällen.
  • Wenn wir schwach, labil oder irritiert wirken, versuchen Sie uns mit Hilfe-oder Beratungsstellen zu vernetzen. Unterschätzen Sie uns nicht, nicht nur unsere Kinder auch wir können unglaubliche Kräfte mobilisieren. Aber Unterstützung oder Kontakt zu anderen betroffenen Familien können uns sehr nützlich sein, um mit unserem Schicksal oder unseren Ängsten klar zu kommen. Vertrauen Sie uns, wir möchten zusammen mit Ihnen unserem Kind helfen!

Da diese Tipps im Umgang mit Eltern von chronisch kranken Kindern wie Vorschriften  verstanden werden können, möchte ich darauf hinweisen, dass das nur Vorschläge sind. Sie beruhen auf meiner subjektiven Sicht, die ich aber ihm Austausch mit vielen betroffenen Eltern entworfen habe.

Für alle, die sie noch nicht kennen –  hier ein Link zur Charta für Kinder im Krankenhaus: http://www.akik.de/index.php/fuer-eltern-74572/each-charta

(Für Rückmeldungen bin ich offen, bitte dafür das Kommentarfeld nutzen)

(Un-)geliebte Überraschungen II – Freiheit, für wie lange?

Die Daily Soap geht weiter. Mit unerwarteten Wendungen zum GUTEN. Vorerst zu mindest.

>Die Fortsetzung. Neue Staffel neues Glück< 

Im neuen Schuljahr 2015/16 sind wir dann gleich zwei Ferien hinter einander in der Klinik, er wird sogar operiert – aber aus erfreulichen Gründen! Die bisher größte unverhoffte Veränderung erreicht uns ebenfalls ziemlich unvorbereitet: Der Kleine kommt im Frühjahr 2016 auf einmal einige Tage ohne Dialyse Hilfe klar, die Pausen werden langsam ausgeweitet und dann das WUNDER – die PD wird ausgesetzt. Ich bin skeptisch, will mich nicht zu früh freuen, aber da der Katheder sich allmählich zusetzt, muss er nach wenigen Wochen entfernt werden, um eine Entzündung zu vermeiden. Unser Sohn hat tatsächlich mehre Wochen keine Dialyse und wird bald den Schlauch im Bauch los haben. Dafür müssen wir wieder eine kleine OP mit Vollnarkose durchstehen. Ich bibbere, denke an den Anruf aus dem OP beim letzten mal als es noch weitere Schritte zu besprechen gab. Es geht alles gut. Schon ein halbes Jahr lebt er jetzt ohne die Bauchfelldialyse.  Sie kann jederzeit wieder nötig werden, meinen die Ärzte. Bei jeder Blutkontrolle steigt mein Adenalinspiegel in der ersten Zeit. Bisher war alles noch in Ordnung.

>Drehbuchautoren, wo bitte bleibt die Spannung?< Ja, ich habe ehrlich gesagt ganz schön Schiss, dass alles ZU GUT ist im Moment und die nächste böse Überraschung schon bereit steht. Wie sehr hoffe ich NICHT Recht damit zu behalten.

Jetzt sind wieder Sommerferien. Das PD-Gerät und das meiste Zubehör wurde inzwischen abgeholt. Das Schlafzimmer wirkt auf einmal richtig groß, so ohne Kartons und Gerätschaften. Und unser Sohn, erlebt nun eine Zeit der Freiheit, die hoffentlich lange anhält. Ich fürchte mich vor dem nächsten Tiefschlag, davor dass diese positive Phase zu Ende geht. Die Schreckensmeldungen aus den Medien von Amok, Terror und Gewalt lassen einen nicht gerade zuversichtlicher werden. Ich habe Angst, dass dies die Ruhe vor dem nächsten Sturm ist. Und hoffe, dass wie schon zuvor die negativen Prognosen nicht in der vorhergesagten Form eintreten, sondern immer Platz für Wunder ist.

>Abspann< 

 

(Un-)geliebte Überraschungen I -Ferien in der Klinik

Ein unglücklicher Start in die Ferien, die unverhoffte Wende und Unsicherheit, die bleibt.

Manchmal komm ich mir etwas vor wie in einer Soap. Mit Cliffhanger und so allem Drum und Dran. Immer wenn ich denke etwas funktioniert, kommt wieder eine Kehrtwende. Und wenn ich mich sorge, klappt plötzlich etwas, das ich nicht oder sogar nie erwartet hätte. – >Dran bleiben es bleibt spannend<  – Als wäre irgendjemanden von uns in irgendeiner Weise langweilig…

In den ersten gemeinsamen Sommerferien, auf die sich nicht nur mein Mann als Neulehrer sehr freute und augenzwinkernd als „Zwangsurlaub“ bezeichnet, planten wir gemeinsam zu verreisen. Doch schon zuvor hatten wir immer wieder Probleme, die Austrittsstelle des Katheders entzündete sich trotz penibler Pflege und Antibiotikasalbe. Die Dialyse weckte uns mit unzähligen schrillen Alarmen. >Ein Index! Merkt der aufmerksame Betrachter< 

Dass das PD-Gerät nicht richtig arbeitet kann viele Gründe haben, Verstopfung und Luft im Bauch können Schwierigkeiten machen, unser Kleiner klemmte auch immer mal wieder den Schlauch mit seinen Beinen ab und vor allem Eiweißfäden können den Auslauf behindern, sie können immer auch Vorboten einer Entzündung sein.. 

Bei einen schönen Sommerspaziergang hatte ich Ende Juli 2015 noch mit der Patentante darüber geredet, dass endlich alles glatt läuft.  Doch als sei uns diese Verschnaufpause nicht vergönnt, wendete sich das Blatt über Nacht Denn am Morgen des letzten Schultags, nach einer kurzen Alarm lastigen Nacht, machte ich wie immer den Leukozyten-Test, der mich zu Anfang immer an einen Schwangerschaftstest erinnerte.> Letzte Folge der Staffel Grund genug für ordentlich Suspence – Großaufnahme < Der Streifen verfärbte sich und zeigte das von mir schon so lange gefürchtete Lila. Es bedeutet: VORSICHT ALARM STUFE ROT – Eine Bauchfellentzündung, das Schreckgespenst aller PD-Patienten. Sie legt nicht nur die Dialyse lahm, sondern kann auch furchtbar schmerzhaft und kann lebensgefährlich werden.  

Der blanke Horror.

Ich rufe in der Kinderklinik an und frage gar nicht was zu tun ist, sondern kündige unser Kommen an.  In meinem Kopf steigen wieder die beklemmenden Erinnerungen an die Intensivzeit auf. >Regieanweisung: Achtung jetzt Rückblende< Die alten Verlustängste warten nur auf eine Gelegenheit wieder hervor zur kriechen. Tausend Gedanken im Kopf: Es kann auch chronisch werden, dann war’s das mit der Dialyse zu Hause, dann geht es Richtung Transplantation (Wobei wir inzwischen wissen dass jede TX auch eine große Chance sein kann). Gleichzeitig der Frust -jetzt also doch wieder in das Krankenhaus. Aber es geht ganz schnell.

Ich packe seine Tasche, ein bisschen wie bei der Geburt, nur das Nötigste nehmen wir mit. Essen, Medikamente für den Tag. Die Pflegerin begleitet uns, mein Mann kommt nach. Wir fahren fast zwei Stunden. Im Radio, Stauwarnungen wegen des Ferienbeginns. Ich bin traurig, enttäuscht und besorgt.So sieht also unser Leben jetzt aus? Ängste, die wahr werden. Andere Familien fahren jetzt in den Urlaub zusammen, wir ins Krankenhaus. Ich könnte heulen.

Der Aufenthalt wird schließlich kürzer als gedacht. Weil wir so schnell gehandelt haben, war es erst eine beginnende Peritonitis. Unser Liebling hat keine Schmerzen, sondern liegt hell wach in seinem Gitterbett mit der altbekannten Elefantenbettwäsche. Heparin und Antibiotika bekommt unser Schatz, mal wieder. Immerhin schlagen die Medikamente schnell an.  Nach einer kurzen Einführung durch die Dialyseschwestern, betreiben wir die PD dann von Hand mit einem Infusionsständer, fünf Einläufe  und Ausläufe sind das pro Nacht. Wir wechseln uns ab und stellen den Wecker, alle eineinhalb Stunde müssen die Beutel getauscht werden. Da wir es selbst übernehmen, müssen wir nicht auf die Intensivstation, dort hätte das Personal auch keine Zeit für dieses langwierige Verfahren.

Dann drei Tage später läuft alles wieder automatisch über den Cycler. Wir dürfen heim. >Happy End – zu dritt mit Dialyse?<  Ein paar Wochen später wagen wir sogar einen Kurzurlaub bei Verwandten, eine angenehme Auszeit, die nach diesem Schreck sehr nötig ist. Für eine Weile haben wir Ruhe zumindest von dieser Baustelle. Zwar geht das PD-Gerät geht zwar einmal kaputt und wird ausgetauscht, aber der Test schlägt nicht mehr an. Wir lernen die Eiweißfäden selbst zu bekämpfen und bekommen die Erlaubnis das von daheim aus zu tun.