Gastbeitrag zum Weltdownsyndrom Tag von Stefan Hülsmann

Das HandiCap Down-Syndrom

In Deutschland gibt es fast ebenso viele Menschen mit Down-Syndrom wie es Zahnärzte gibt: rund 50.000 Menschen mit der als Trisomi 21 bezeichneten Genommutation leben in
der Bundesrepublik. Jährlich werden in etwa 1.200 Kinder mit dem Syndrom
geboren.

Sie werben am Welt Down Syndrom Tag mit Plakaten, um für eine inklusive, tolerante und vielfältige Gesellschaft zu werben – doch was wissen wir eigentlich über dieses HandiCap?

Trisomie 21 – was ist das eigentlich?

Jeder Mensch bekommt bei seiner Entstehung 23 Chromosome von seiner Mutter und 23
Chromosome von seinem Vater mit auf den Weg – normalerweise. Denn Menschen, mit
Down Syndrom haben 47 statt 46 Chromosome in jeder Zelle ihres Körpers. Das
Chromosom 21 (oder auch nur Teile davon) ist dreifach vorhanden, statt des
üblicherweise doppelten Vorkommens– daher auch die Bezeichnung Trisomie 21.

Die Gene, die sich auf den Chromosomen befinden, sind für die Funktionen des Körpers verantwortlich. Das zusätzliche 21. Chromosom bringt aber das genetische Gleichgewicht durcheinander. Die Folge ist, dass die körperliche und geistige Entwicklung anders verläuft, als bei Menschen mit 46 Chromosomen.

Menschen mit Down-Syndrom machen meist eine verlangsamte motorische, geistige und sprachliche Entwicklung durch. Zu den körperlichen Merkmalen dieses
Syndroms zählen geringe körperliche Größe, höheres Gewicht, Auffälligkeiten im
Bereich der Kopfform, der Augen und der Ohren. Oft leiden Betroffene an organischen
Schäden, wie Herzfehler oder Magen- und Darmstörungen.

Der Welt-Down-Syndrom-Tag

Seit 2006 wird der 21.März diesen ganz besonderen Menschen gewidmet: Betroffene,
Organisationen, Initiativen und Angehörige veranstalten kreative und informative Events, um auf Menschen mit Down-Syndrom aufmerksam zu machen, über ihre Fähigkeiten und ihre Bedürfnisse zu sprechen und um Vorurteile und Berührungsängste abzubauen. Der Welt Down Syndrom Tag wird in diesem Jahr zum mittlerweile 12. Mal gefeiert und stellt Kinder und Erwachsene mit Trisomie 21 in den Mittelpunkt.

Jedes Jahr steht der Tag unter einem anderen Motto. Der Leitspruch in diesem Jahr ist “What I bring to my community” bzw. in der deutschen Interpretation “Wir haben viel zu geben!”. Er soll verdeutlichen, wie Menschen mit Down-Syndrom unsere Gesellschaft bereichern. Gleichzeitig setzt der Welt-Down-Syndrom-Tag ein Zeichen für ein vielfältiges
und tolerantes Miteinander.

Trisomie 21, also 3-21: Nein, der 21.3. ist nicht rein zufällig das Datum dieses
Aktionstages. Es symbolisiert das dreimalige Vorkommen des 21. Chromosoms,
dass das Down-Syndrom charakterisiert. Der Welt-Down-Syndrom-Tag wurde 2006 von
den Vereinten Nationen offiziell anerkannt. Ziel ist es, das öffentliche Bewusstsein für die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Down-Syndrom zu stärken.

Warum es immer weniger Menschen mit Down Syndrom gibt

Wie wichtig dieser Ansatz der Inklusion und Aufklärung ist, zeigt der Umstand, dass es
Menschen mit Trisomie auch in unserer modernen Gesellschaft nicht einfach
haben. Ganz im Gegenteil: So haben betroffene Kinder und Erwachsene dank
medizinischem und gesellschaftlichem Fortschritt in unserer Gesellschaft bessere Lebenschancen denn je.

Doch werdende Eltern, die bei einer pränatalen Diagnostik davon erfahren, dass ihr Ungeborenes von Trisomie 21 betroffen ist, entscheiden sich noch immer zu häufig gegen das Leben und für einen frühzeitigen Schwangerschaftsabbruch. Die Früherkennung der Genommutation führt in Deutschland noch in 90 Prozent aller Fälle zu einer Abtreibung. Und das in den meisten Fällen ohne, dass sich die Eltern mit den Möglichkeiten, die heutzutage Menschen mit Down-Syndrom haben, auseinandergesetzt haben.

Seit 2012 ist ein stark umstrittener Bluttest auf dem Markt, der Föten gezielt auf Trisomie 21 prüft. Experten befürchten, dass dieser Test langfristig dazu führen könnte, dass sich noch mehr werdende Eltern dafür entscheiden, im Falle einer Genommutation die Schwangerschaft künstlich abzubrechen.

So würden, lautet die berechtigte Kritik, noch weniger Menschen mit Down-Syndrom zur Welt kommen. Der Test steht deshalb so stark in der Kritik, da er nicht dazu dient, die medizinische Versorgung von Mutter und Kind zu verbessern – er stellt lediglich die Eltern vor die Entscheidung, ein Kind aufgrund einer vermuteten Behinderung abzutreiben. Das verstößt gegen die seit 2009 geltenden UN-Behindertenrechtskonvention.

Wir haben viel zu geben!

Natürlich werden Eltern durch die Geburt eines behinderten Kindes vor große Herausforderungen gestellt und das komplette Leben wird von heute auf morgen umgekrempelt. Doch wird unsere Gesellschaft immer toleranter und es gibt immer mehr Angebote, Initiativen und Förderprogramme, die Eltern behinderter Kinder unterstützen.

Der Welt-Down-Syndrom-Tag ist ein tolles Beispiel dafür: Überall auf der Welt gibt es am 21. März kleine und große Events, die verdeutlichen, wie sehr Menschen mit Down Syndrom unsere Gesellschaft bereichern – und wie viel sie uns geben. Bei
Sportveranstaltungen wie beispielsweise dem Welt-Down-Syndrom-Tag Lauf in
Fürth feiern Menschen mit und ohne Trisomie 21 gemeinsam den Aktionstag.
Plakataktionen und Ausstellungen sollen rund um den Erdball auf das Down-Syndrom aufmerksam machen und Mitmenschen sensibilisieren.

Wer sich mit dem Thema und vor allen Dingen mit den Menschen auseinandergesetzt hat, die von Trisomie 21 betroffen sind, der wird schnell feststellen, dass es weniger um eine Behinderung geht, mit der es zu leben gilt, als um eine Chance für ein buntes Leben miteinander.

 

Autorenprofil

 

Ein Gastbeitrag von Stefan Hülsmann.

 

Stefan Hülsmann ist Apotheker und Inhaber von Juvalis. Als Apotheker verfügt er über jahrelange medizinische Erfahrung und beschäftigt sich privat sehr stark mit dem Thema Down-Syndrom. In seinem Apotheken Ratgeber werden regelmäßig Beiträge zum Thema Gesundheit veröffentlicht.

 

Papa ante Portas – warum wir pflegende Väter ernst nehmen sollten!

 

Jetzt habe ich es tatsächlich nicht mehr geschafft im Februar einen zweiten Blogbeitrag zu erstellen – aber hier war auch einfach wahnsinnig viel los. Wir ließen uns zur Unterstützung der Familienherberge Lebensweg von unserer Regionalzeitung interviewen und das SWR Fernsehen war bei uns, um eine vom Pflegenotstand betroffene Familie zu zeigen. Zu guter Letzt war der Räubersohn noch stationär. Denn seit dem er mehrere Backenzähne bekommt verweigert er Essen und Trinken. Er macht einfach den Mund nicht mehr auf. Und wir waren gezwungen ihm eine Nasogastralsonde zu legen und haben schließlich doch der PEG Anlage zugestimmt. Es ist einfach zu gefährlich, gerade wegen seiner chronischen Niereninsuffizienz, wenn er zu wenig Flüssigkeit bekommt. Und jetzt hat der Eingriff nicht mal geklappt. Der tapfere Mäusetiger muss demnächst wieder in die Kinderklinik und das Prozedere wird dann mit einer anderen Op Technik (chirurgisch statt endoskopisch) wiederholt. Ätzend und frustierend das Ganze.

Das hat allerdings durch aus mit meinem geplanten Beitragsthema zu tun:

Im TV Beitrag war der Vater nämlich wieder nur eine Randfigur,  obwohl er wichtiges zu sagen hatte, wurde sein Redeanteil heraus geschnitten. Das passt zu seinen Erfahrungen als Vater eines mehrfach behinderten Kinds.

Auch zu den Erlebnissen in den Krankenhäusern und in Kinderrehazentren:  Ich bin froh, dass der MaPa dieses mal wieder mit unserem Sohn als Begleitperson mitgegangen ist. Die eigentliche Station auf der unser Junior sein Zimmer haben sollte war diese Woche abgeriegelt aufgrund zu hoher Ansteckungsgefahr. Ein Grund mehr die kleine Miss nicht in so eine „Killervirenzuchtanstalt“ mitzunehmen. Als Stillkind hätte ich keine Wahl gehabt. Außerdem warum sollten auch immer wir Mütter mit?

Da ich in Elternzeit bin, übernehme ich sowieso den Hauptteil der Pflege. Aber sobald der MaPa nach Hause kommt packt er mit an. Er wickelt beide Kids,  gibt Brei und Tee, überweist Therapie Rechnungen, turnt Übungen am Galileo,  richtet Medikamente und hält den Schreiling, wenn es sein muss, stundenlang im Arm nachts. Und das ist auch gut so. Es sind schließlich unsere Kinder – nicht meine.

Und ich will ihn nicht als fantastischen Ausnahmevater loben und glorifizieren. Sondern ich weiß, es gibt viele engagierte pflegende Väter (leider auch viele alleinerziehende Elternteile, zur Mehrzahl Mütter mit behinderten Kindern). Leider wird so getan, als sei die Carearbeit eben Frauensache. Auch von vielen Fachkräften. Das finde ich ein Unding und so nicht haltbar!

Als der MaPa mir im ersten Spz mit dabei war, wurde er beispielsweise glatt ignoriert. Obwohl er den Räubersohn auf dem Arm hielt und sondierte, wurden mir als Mutter die Fragen – wie grotesk – zur Ernährungsituation gestellt.

Ähnlich war es als er mit ihm allein in der Klinik war, hieß es: Wann kommt ihre Frau wieder? Nun, sie dachten er wäre nur kurz zu Besuch und ich mir die Beine vertreten. Dabei waren noch mehr Väter auf den Gängen der Station unterwegs. Das ist ganz schön ignorant und nicht zeitgemäß diese Denke!

Inzwischen kennen ihn auch einige Angestellte, schließlich sind wir oft, Gott sei Dank meist ambulant, Gast im Krankenhaus.

Aber was bitte schön ist das für ein Männer- und damit auch Frauenbild? Das Kind gehört für viele auch 2018 noch zur Mutter. Den Vätern wird von mehreren Seiten nach wie vor zu wenig zugetraut. Dazu gehört, dass von vielen Vorgesetzten erwartet wird, dass noch immer bei Männern der Beruf vor der Familie kommt. Auf freie Tage werden Besprechungen sowie Geschäftstermine gelegt, Überstunden nach Feierabend gelten nicht selten als zumutbar und ähnliche Dinge, die eindeutig zeigen, dass davon ausgegangen wird, dass die Väter zu Hause abkömmlich sind. Bei einem pflegeintensiven Kind wird aber jede Hand,  ja JederMANN gebraucht, wenn man vermeiden möchte, dass die Ehe zerbricht oder ein Elternteil völlig erschöpft ist und ausbrennt.

Deshalb habe ich beschlossen den pflegenden Väter hier eine kleine Blogreihe zu widmen. Auch Paare kommen zu Wort, die sich die CareArbeit teilen. Denn es geht! Väter müssen nicht außenvor bleiben, sondern können und sollen eine wichtige Aufgabe bei der häuslichen Pflege einnehmen. Es muss kein Rollentausch sein außer beide wünschen sich das. Auf jeden Fall funktiert Pflege auch in Teilzeit – ggf. am Abend oder Wochenende. Und sie können das. Vertraut ihnen, Mütter (- ich weiß das ist nicht leicht aber springt über euren Schatten); das gleiche gilt auch für Großeltern, Freunde, Ärzte*innen, Krankenpfleger*innen und Therapeuten. Und ihr Papas zeigt, dass ihr ‚ganze Kerle‘ seid, die auch in der weiblichen Welt der Pflege ihren Mann stehen und für eure Kinder einstehen.